2001-06-21


Neues Gossenheft beim Krash-Verlag, Köln


From: Matthias-Hagedorn@gmx.de
Date: Thu, 21 Jun 2001 22:11:19 +0200 (MEST)

Barbara Ester und A.J. Weigoni geben der Sprache der Straße im 21.
Jahrhundert eine künstlerische Form. Sie siedeln ihren Gossenroman auf der Cranger Kirmes in einem hysterischen Trubel an und legen den Figuren Sätze von souveräner Größe und selbstreferentieller Leere in den Mund. Die
Protagonisten in »Massaker« drängen sich nicht auf. Sie sind Geschöpfe, die durch den Text geistern, schemenhaft teilweise, um dann mit brachialer Gewalt eine Präsenz zu erreichen, die das Erträgliche der Normalität
sprengt.

Diese Figuren verunsichern und stehen immer kontrastreich zur bunten
Vielfalt der Kirmes. Bewusst stellen sich Barbara Ester und A.J. Weigoni in die Tradition der hard-boiled school, die in den 1920-er Jahren mit dem
Black Mask Magazine, einem amerikanischen Groschenheft, ihr Publikum fand.
Sie spitzen auf ihre Weise zu, daß Banalität zunehmend das Maß des
Alltäglichen wird, legen mit ihren Formulierungen die brutalen Implikationen des Normalen frei.
Ihre Sprache ist immer an der Grenze zum Erträglichen; überschritten wird diese Grenze nicht. Poesie und Härte, Abscheu und Einfühlsamkeit fassen sie zu einer ungewohnten Einheit zusammen. Das schafft Aufmerksamkeit, ist allerdings keine Effekthascherei.

Die Hauptfigur Jacqueline erscheint als klassisches Motiv der
männermordenden Hexe, gefährlich wie Tollkirschen und verführerisch wie Lulu. Sie ist der Würgeengel des Mannes, zugleich selber dem Untergang geweiht. Dabei vereinigt Jackie tödliche Naivität, seelische Verwilderung und heilige Sünde. Barbara Ester und A.J. Weigoni hätten keinen besseren Ort für sie als die Cranger Kirmes aussuchen können.